Mittwoch, 17. November 2010

Knigge mit Stäbchen

Vielen ist bekannt, dass Japaner so ziemlich alles mit Stäbchen essen. Kein Reiskorn ist zu klein und keine Nudel zu schlüpfrig für die seit ihrer Kindheit trainierten Asiaten. Auch als Tourist oder Austauschstudent muss man sich an dieses - zugegeben schwierige - Esswerkzeug gewöhnen. Denn auch im Umgang mit den Holzstäbchen gibt es gewisse Regeln zu beachten, an die man sich halten sollte, wenn man etwas Anstand demonstrieren möchte.

Und da Japaner nun mal sehr regelliebend sind, wurden für die einzelnen Fehltritte sogar bestimmte Begriffe definiert. Jeder einzelne Fauxpas hat also auch einen Namen, welche ich mal im Folgenden erläutern werde.


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Die Illustrationen habe ich von Yahoo Japan, und kann man hier und hier nachschlagen.


Nr. 1 (mayoibashi):
In der traditionell japanischen Esskultur stehen viele einzelne und kleine Schälchen auf dem Tisch. Oftmals werden die Schalen dann auch für alle in die Tischmitte gestellt, damit sich jeder daraus bedienen kann.
Man kann zwar durcheinander aus den Schalen essen, aber man sollte mit den Stäbchen nicht wahllos über den Schalen herumkreisen. Zusatzpunkt: Zwischen den Beilagen immer eine kleine Portion Reis essen, damit man beispielsweise nicht nur das Gemüse wegfuttert und der Reis übrig bleibt.

Nr. 2 (sashibashi/tsutsukibashi):
Auch wenn die Kartoffel noch so rund ist und wegkugelt; man sollte das Essen stets mit den Stäbchen greifen und nicht aufspießen. Kleiner Tipp: Runde oder große Stückchen kann man zerteilen, indem man kurz mit den geschlossenen Stäbchen hineinpiekst und es dann beim Öffnen der Stäbchen auseinanderzieht oder -bricht.

Nr. 3 (sashibashi):
So wie man hierzulande nicht mit dem nackten Finger auf andere Leute zeigt, so sollte man in Japan auch nicht die eigenen Stäbchen dazu benutzen, um auf andere Dinge oder Leute zu zeigen.

Nr. 4 (tatakibashi):
Auch wenn die Stöckchen dazu verleiten sollten, wäre es unangebracht mit ihnen auf dem Geschirr wie bei einem Schlagzeug herumzutrommeln.

Nr. 5 (namidabashi):
Greift man sich ein besonders saftiges Stück, so kann es passieren, dass man den Tisch damit volltropft. Um dies zu vermeiden, kann man fix seine Reisschüssel unterschieben, welche man eh in der Hand halten darf, damit kein Tropfen daneben geht.

Nr. 6 (saguribashi):
Auch wenn man die leckersten Klösschen ganz unten in der Schale vermuten sollte, so darf man nicht mit den Stäbchen nach ihnen in der Schüssel wühlen unzd danach suchen.

Nr. 7 (utsuribashi):
Das Essen mit den Stäbchen von der Schüssel sicher in den Mund oder auf den Reis zu bekommen, kann für ungeübte Stäbchenhalter ein langer Weg sein. Trotzdem sollte man sich nicht davon verleiten lassen, den Happen die letzten Zentimeter zu werfen oder gekonnt in den Mund zu schleudern. Vollkontakt ist wichtig.

Nr. 8 (watashibashi):
Wie man das Esswerkzeug nach der Mahlzeit hierzulande auf dem Teller ablegt ist teilweise umstritten bzw. variiert je nachdem, ob es geschmeckt hat oder nicht. Hat man hingegen in Japan aufgegessen, so gehören die Stäbchen immer neben oder in die Reisschüssel. Oftmals gibt es für sie auch ein kleines Bänkchen als Ablage. Vermeiden sollte man jedoch, dass man die Stäbchen wie eine Brücke quer über die Schüssel legt.

Nr. 9 (yosebashi):
Will man eine Schale näher an sich heranbringen, so sollte man sie nicht mit den Stäbchen heranziehen, sondern die eigenen Hände benutzen oder höflich danach fragen.

Nr. 10 (kakikomibashi):
Die Reisschale in die Hand zu nehmen und daraus zu essen ist zwar erlaubt, doch sollte man sie nicht an den Mund setzen und das Essen von ihr heraus in den Mund schaufeln.

Nr. 11 (neburibashi):
Auch wenn das Essen noch so lecker war, sollte man nicht die Spitze der Stäbchen mit der Zunge ablecken.

Nr. 12 (kuwaebashi):
Hat man sich gerade etwas mit den Stäbchen in den Mund befördert, so sollte man diese nicht im Mund behalten und dann seine Hände benutzen. Sollte man beispielsweise jemanden eine Schale reichen, dann die Stäbchen immer dabei ablegen.

Nr. 13 (seseribashi):
Steckt einem etwas zwischen den Zähnen, dann sollte man nicht die Stäbchen als Zahnstocher verwenden. Oftmals liegen dafür auch eigens Zahnstocher in Lokalen bereit, oder werden bei Einwegstäbchen mit in die Packung gelegt. Das Kauen auf den Stäbchen ist ebenso ungern gesehen (kamibashi)

Nr. 14 (komibashi):
Ein zu großes Stück genommen? Selbst schuld, denn den Batzen sollte man nun nicht mit den Stäbchen in den Mund hineindrücken. Lieber etwas vorausschauend planen und das Essen vorher zerkleinern.

Die letzten zwei Beispiele sind wahre Delikte am Esstisch und sollten tunlichst vermieden werden, damit man niemanden empört!

Nr. 15 (
hiroibashi/hashiwatashi):
Möchte man jemanden etwas Kleines von seiner Schüssel zum Probieren geben, oder wird einem etwas angeboten, so sollte man darauf achten, dass das Essen nicht von Stäbchen zu Stäbchen gereicht wird. Denn dies erinnert an das buddhistische Totenritual, bei dem die Reste des eingeäscherten Körpers mit Stäbchen auf diese art und Weise weitergereicht werden.
Man sollte den Happen daher auf die Schale des anderen Legen, oder ihn füttern (bsp.: Kind).

Nr. 16 (hotokebashi):
Weiterhin sollte man seine Stäbchen niemals senkrecht in den Reisberg in seiner Schüssel stecken. Stirbt eine Person in der Familie, so wird eine Schale mit Reis auf dem Hausaltar dargeboten, indem die Stäbchen dann in dieser Form in den Reis gesteckt werden.

Natürlich gibt es neben diesen noch weitere Regeln, welche man beim Umgang mit den Stäbchen beachten sollte (beispielsweise nicht in die Haare stecken), aber das würde wohl zu sehr ins Detail führen. Weiterhin gibt es neben den Stäbchen auch noch Gläser oder Schüsseln, welche man in bestimment Situationen auf eine bestimmte Art halten oder weiterreichen sollte.

Knigge in Japan ist ein interessantes Thema voller spannender Unterschiede zu unseren Tischsitten. Wenn man sich also damit befassen sollte, so kann man mit Sicherheit viel über die japansiche Kultur lernen.


Soweit von mir.


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