Samstag, 2. Januar 2010

Gut gerutscht - Jahreswechsel in Japan

Neues Jahr - alter Blog. Es kommt mir bei diesem Eintrag vor, als ob ich über eine Woche schreiben würde. Aber es sind nur drei Tage, an denen aber 'ne Menge gemacht wurde. Es wird eine Menge an Lesestoff werden, mit dem ich wahrscheinlich die folgenden, ereignislosen Tage kompensieren werde.

Nun denn...

Der 31. Dezember (Do.); also der letzte Tag des Jahres wird in Japan O-misoka genannt. Weil Leon und ich in unseren allabendlichen Tischtennisspielen den Tischtennisballvorrat im DK Warabi pulverisiert haben, entschieden wir uns an diesem Tag ein paar Ersatzbälle zu besorgen. Aber da uns der "Supermarkt umme Ecke" zu langweilig war, verknüpften wir unsere Pflicht mit einer Tour nach Shibuya. Einerseits, weil wir dank Monatsticket etwas sparen konnten, und andererseits, weil Leon noch nie dagewesen war.

Wir fuhren also mit der Keihin-Tohoku- und der Saikyo-Linie zum besagten Ort und haben uns erst einmal in einem Musikladen aufgetaut (es war bewölkt und kalt). Als sich die Sonne und der Hunger zeigten, entschieden wir uns nach einem günstigen Lokal zu suchen. Da wir aber bei sporadischer Suche keinen Laden finden konnte, welcher Fleischloses für billig Geld verkaufte (Leon ist Vegetarier; ich muss sparen), entschieden wir uns kurzerhand für Reisbällchen und Sushi aus dem Convenient-Store. Das Essen verspeisten wir nach erfolglosem Sitzgelegenheiten-Suchen auf einer Mauer sitzend am Straßenrand in der Nähe des Yoyogi-Parks. Nebenbei knipsten wir auch ein paar Bilder



"Auf der Mauer, auf der Lauer." Da man wahrscheinlich alle Bänke in Shinjuku und Harajuku entfernt zu haben schien, haben wir es uns auf einer Mauer im Sonnenschein bequem gemacht. Dank unserer Größe (Leon: 193cm; ich: 192cm) konnten wir sie auch recht einfach erklimmen. Sehr zum Erstaunen einiger Passanten.

Nachdem wir gesättigt waren, besuchten wir den Yoyogi-Park, welchen ich mir auch schon im Februar mit einigen Freunden angesehen habe.


Innerhalb des Parks wimmelte es nur so von Raben. Anscheinend schienen sie dort ihr Hauptquartier zu haben. Neben dem schwarzen Federvieh flanierten auch eine Menge Besucher auf den Wegen, welche die Sonnenstrahlen, den Springbrunnen und das "zwitschern" der Raben genossen.

Körperlich und seelisch gestärkt machten wir uns nach dem Parkbesuch auf die Suche nach einem Geschäft, welches Tischtennisbälle verkaufte. Da wir nicht genau wussten, wo das nächstbeste Örtchen dafür zu finden war, gingen wir in die Takeshita-Dori (auch ein altbekannter Ort für mich). Und dort fanden wir auch in einem Laden Bälle und ein japanisches Kartenspiel mit dem Namen "Hanafuda", welches ich so gerne spiele. Danach wollte ich noch Leon einen kleinen Schrein zeigen, welchen ich damals mit Nami und Shu zufälligerweise entdeckt haben.

Das ist die Takeshita-Dori, wie man sie im Februar sehen konnte. Ich habe leider kein aktuelles Bild geknipst, aber bis auf die unterschiedliche Ballon-Figur und dem schlechten Wetter sah sie noch genau so aus.

Am besagten Schrein angekommen hatten wir das Glück an einer rituellen Reinigung des Schreingeländes beizuwohnen, welche zum Jahresende an allen Shintoschreinen durchgeführt wird. Ich habe aber aus Respekt keine Fotos geschossen.

Auch ein altes Bild. Bei der Zeremonie waren an die zehn Priester, zwei Schreinjungfrauen und noch ein paar Gehilfen beteiligt. Die Zuschauer wurden bei der Gelegenheit ebenfalls rituell gereinigt. Am interessantesten fand ich das Ritual, bei dem man sich das Böse mit einem Stück Papier von sich abwischen musste. Da wir keine Shintoisten sind haben wir uns aber nicht abgeputzt.

Danach ging es wieder ins Wohnheim in dem ich am Abend zusammen mit Leon, Nami, Alisa [Rus.], sowie mit Tina und Freunden in das neue Jahr feiern wollte.
Zum Abend haben wir uns also in der Lounge versammelt und schauten bis kurz vor Mitternacht eine der berühmtesten Fernsehsendung in Japan. Diese hieß "Kouhaku Uta Gassen", in welcher das rote Team (berühmte weibliche Sänger) gegen das weiße Team (berühmte männliche Sänger) antritt und am Ende der Show (nach 5 Stunden) der Sieger gewählt wird. An diesem Abend waren die Männer die Sieger. Beim Anschauen fühle es sich fast so an wie der Eurovision Song Contest. Nur, dass es nicht so viele Parteien gab. Bei der Abstimmung konnten wir sogar per Fernbedienung mitwählen.

Als es Mitternacht schlug, sahen wir im Fernsehen, wie unendlich viele Menschen an einem Tempel in der Nähe des Tokyo Towers unendlich viele Ballons in den Nachthimmel entließen. Im Gegensatz zu meinem heimatlichen Neujahrsbrauch wird in Japan aber kein Feuerwerk gezündet. Nicht ein einziger Mensch ließ es knallen. Irgendwie schön und schade zugleicht. Kein Rauch, Lärm oder Müll.

Wir stießen noch auf das neue Jahr an und schauten noch etwas Fernsehen, bis einer nach dem anderen ins Bett ging.

Am ersten Januar (Fr.) wollten wir (Leon, Tina, Alisa und ich) es den Japanern gleichtun und den ersten Schreinbesuch des Jahres (Hatsumoude) zum japanischen Neujahr (Shougatsu) zelebrieren. Da der Meiji-Schrein aber allen Anschein überlaufen war, entschieden wir uns zum Schein und zum Tempel in Warabi zu laufen.

Als erstes gingen wir zum Tempel, welchen ich zu meiner Schande auch schon mal etwas früher besucht haben könnte. Dort war es noch nicht so voll. Eher schon idyllisch.

Neujahr am Tempel. Kaum eine Menschenseele war auf dem Tempelgelände zu sehen.

Da der Schrein nicht so weit vom Tempel entfernt war, machten wir auch einen Abstecher dorthin. Aber im Gegensatz zu dem buddhistischen Gegenpart waren hier wesentlich mehr Leute anwesend, welche eine Riesenschlange bildeten (ca. 80 bis 100 Meter) um am Schrein für ein gutes Jahr zu beten. Auf dem Scheingelände konnte man sich auch an einigen Läden Glücksbringer, Essen und sogar Videospiel kaufen. Fast schon wie Flohmarkt.



Eine Menge Leute besuchten den Schrein, auf dessen Gelände man allerhand Dinge erstehen konnte. Unten links sieht man den Wunschhelfer Daruma, dessen rechte Pupille man ausmalen soll, wenn man einen Wunsch hat. Ist der Wunsch erfüllt, kann man auch die zweite Pupille ausmalen. Im Bild daneben sieht man das Okonomiyaki, welches ich mir gegönnt habe, und was himmlisch geschmeckt hat (auch wenn's nicht so aussieht).

Danch machten wir uns wieder auf dem Nachhauseweg, und ließen den ersten Tag des Jahres ruhig und gemütlich ausklingen, indem wir in der Lounge eine sehr bekannte Fernsehserie namens "Sasuke" schauten. In dieser Spielshow versuchen die Teilnehmer einen sehr kräftezehrenden Hindernislauf zu bewältigen, welchen man angeblich nur mit Ninjakräften bewältigen kann. Hier ein Zusammenschnitt des Gewinners von 2006 (welcher aber auch 2010 teilnahm):


Das schlaucht schon beim Zusehen. Dieser fitte Herr mit dem Namen Makoto Nagano, schaffte den Parcour im Jahre 2006. 2010 rutschte er schon in der ersten Runde versehentlich aus, und musste ausscheiden. Aber nächstes Jahr gibt es auch eine neue Chance.

Danach ging es ins Bett.

Am 02. Januar (Sa.) war nichts spannendes passiert. Am Abend gab es wieder ein besonderes Programm im TV zu sehen. Es war ein Kabukistück, welches man zu Neujahr spielt. Somit haben wir auch etwas Kultur zu sehen bekommen. Hier ist etwas Kabuki (Werbefilm für ein Kabukispiel im Kino) für alle, welche es noch nicht kennen sollten:


Die Flöten, Trommeln und verzerrten Gesichter sind das Hauptmerkmal von Kabuki. Streng eingehaltenene Choreografien und schrille Töne gehören auch dazu.

Ab dem 03. Januar (So.) beginnen meine Vorbereitungen für die Uni, welche am 05. wieder weitergeht. Große Pläne sind also an den letzten Tagen der Winterferien nicht gesteckt. Demzufolge auch leider keine nennenswerten Einträge.


Soweit von mir.


Übrigens ist im japanischen Horoskop das Jahr 2010 das Jahr des Tigers. Das merkt man spätestens daran, dass die japanischen Neujahrskarten oftmals mit Tigermotiven bedruckt werden.


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